Der Werte- und Markenexperte Karlheinz Illner berät kleine und mittelständische Firmen bei Fragen zur Unternehmensführung, Konfliktbewältigung sowie zum Aufbau und der Führung ihrer Marke. Im FLYERALARM Podcast verrät er, wie Sie den so genannten Purpose Ihrer Firma ermitteln und das komplette Team bei der Markenentwicklung ins Boot holen.
Werte- und Markenexperte Karlheinz Illner im Interview
Kapitel 1: Intro
Doreen: Herzlich willkommen bei Erfolgsdruck – Storys aus dem Mittelstand, dem FLYERALARM Podcast über druckreife Marketing- und Businessideen. Ich bin Doreen …
Marco: Und ich bin Marco.
Doreen: Marco, warum gehst du denn eigentlich arbeiten?
Marco: Na ja, weil ich Geld verdienen muss.
Doreen: Okay, richtige Antwort. Aber warum bist du heute zur Arbeit gekommen?
Marco: Heute bin ich hierhergekommen, um mit dir eine Podcast-Folge aufzunehmen, und das finde ich ziemlich cool, weil unsere Podcast-Folgen sollen andere Unternehmen inspirieren und im Idealfall helfen sie ihnen sogar im Alltag weiter.
Doreen: Das ist richtig, und ohne es zu wissen, hast du dich damit mit einem Unternehmenswert von FLYERALARM identifiziert, nämlich mit dem Wert, dass wir der Marketing- und Druckpartner für kleine und mittelständische Unternehmen sein wollen. Jedes dieser Unternehmen hat natürlich seine ganz eigenen Werte. Manchmal ist es aber gar nicht so einfach, die zu finden und herauszuarbeiten. Und wie das geht, das erfahren wir heute. Dafür haben wir uns Karlheinz Illner eingeladen. Er ist Werte- und Markenexperte, berät Familienunternehmen und hilft ihnen dabei, zu wachsen und sich am Markt zu etablieren.
Kapitel 2: Vorstellung Karlheinz Illner von FamilyBrands.de
Doreen: Hallo Herr Illner und herzlich willkommen in unserem Podcast.
Karlheinz Illner: Hallo zusammen.
Doreen: Bitte stellen Sie sich doch mal kurz vor und erzählen Sie uns, wie Sie zu einem Werte- und Markenexperten geworden sind.
Karlheinz Illner: Mich hat schon immer das Thema Marketing interessiert. Ich kann mich erinnern, wie ich als Jugendlicher mal vor dem Fernseher saß und mir die Werbung angeguckt habe. Da dachte ich: Mensch, da gibt eine Firma viel Geld für Fernsehwerbung aus, und die müssen wir doch als Käufer dann bezahlen. Trotzdem machen wir das, und da dachte ich mir so – jugendlich kindlich naiv – wie funktioniert das? Das ist mir im Nachhinein oft als Antrieb bewusst geworden, in dieses Feld Marketing reinzugehen.
Dann habe ich klassisch BWL studiert, war dann auch in Amerika für 3 Jahre und habe dort den Schwerpunkt auf Marketing gesetzt. Aber auch schon damals verbunden mit den Themen Unternehmensentwicklung, Organisationsentwicklung, Gruppenverhalten – das hat mich schon immer auch sehr interessiert, diese menschliche Facette. Dann habe ich im Markenmanagement angefangen, 1995 bei British American Tobacco. Also Zigaretten: Lucky Strike, Pall Mall, Benson & Hedges und so weiter. Da habe ich das wirklich von der Pike auf gelernt. Man muss einfach sagen, diese Branche war damals anderen Branchen Jahrzehnte voraus, was das Thema Marke angeht. Wenn man ein Spiel erfinden müsste, um Marke zu erklären, wäre die Zigarette perfekt. Man hat de facto austauschbare Produkte, und die werden eben über die Markenkonzepte, über die Lifestyle-Konzepte verkauft. Diese Situation haben wir jetzt ja auch in vielen anderen Bereichen: sei es im Maschinenbau, in der Kosmetik oder im Essensbereich. Aber wie macht man dann die Differenzierung? Wie kommt man an die Zielgruppen ran? Wie bindet man seine Käufer? Das geht einfach über die Marke, und das hat mich natürlich sehr geprägt.
Dann war ich noch in der Mobilfunkbranche und im Onlinebereich. Mich hat dann immer umgetrieben: Klar kann man Markenwerte sehr professionell nach außen kommunizieren, aber wenn ich jetzt so einen Markenwert habe wie Fairness, dann kann ich das zwar nach außen kommunizieren. Aber was bedeutet es nach innen? Dann begann bei mir immer mehr dieses Interesse: Wie lebt man das nach innen? Was hat es mit dem Thema Führung zu tun? Was hat es mit dem Thema Unternehmenskultur zu tun? So bin ich dann immer stärker in diesen unternehmerischen Bereich reingekommen und habe das letztendlich verbunden. Ich habe das Thema Markenwerte mit Unternehmenswerten und mit persönlichen Werten verknüpft.
Kapitel 3: Purpose, Sinn und Werte – die FamilyBrands Mission
Marco: Sie haben dann eine Firma gegründet, FamilyBrands, und haben sich damit auf Familienunternehmen und mittelständische Betriebe spezialisiert. Wie kam es dazu?
Karlheinz Illner: Ja, ich wollte einfach beides, also Markenwerte und Unternehmenswerte miteinander verbinden. Mein Ziel ist praktisch, diese mittelständischen Familienunternehmen zu begleiten, die wirtschaftlich und menschlich erfolgreich sein wollen. Mir ist das Menschliche wichtig, denn da steckt für mich die Glaubwürdigkeit drin. Wenn ich nur nach außen kommuniziere, wie wichtig uns Fairness ist, aber es nach innen nicht lebe, ist es für mich nicht stimmig. Dazu kommt natürlich, dann ich viele Jahre auf Konzernseite gearbeitet und gemerkt habe, da gibt es diese politischen Spielchen. Dort ist man in der Umsetzung von Marken- und Unternehmenswerten in gewisser Weise begrenzt. Je kleiner es wird, je mehr Inhabergeführt eine Firma ist, umso mehr kann ich das Ganze umsetzen.
Doreen: Also, Sie helfen quasi kleinen und mittelständischen Unternehmen dabei, einen eigenen Wertekompass zu finden. Das nennt sich dann Purpose, von dem auf Ihrer Seite auch viel die Rede ist. Was steckt sonst noch dahinter? Wie definieren Sie den Purpose?
Karlheinz Illner: Purpose ist für mich der unternehmerische Sinn, und der Sinn ist für mich der persönliche Sinn. Deswegen habe ich das ein bisschen differenziert, weil Purpose ja auch so ein Trendbegriff in den letzten Jahren geworden ist. Entscheidend ist natürlich einmal der persönliche Sinn und der Unternehmenssinn. Warum ist das so wichtig? Weil eben, wenn etwas Sinn macht, dann gibt es uns Kraft. Das spüren wir gerade im privaten Bereich, zum Beispiel im Ehrenamt, wo sich Leute ehrenamtlich engagieren. Warum machen sie das? Weil es für sie sinnvoll ist. Oder eben auch im Sport: Wenn ich ein Team habe und sage, komm, wir wollen jetzt mal eine Liga aufsteigen, dann macht es für die Spieler Sinn und es entsteht eine Energie. Das merkt man auch bei Firmen.
Ein Beispiel: Die Firma Vaude, die im Bekleidungsbereich tätig ist, stellen auch Kleidung fürs Bergsteigen her. Mit den Verantwortlichen dort hatte ich mehrere Gespräche. Sie sagen zum Beispiel: Ja, wenn bei uns jemand ein großer Bergsteiger ist, dann ist es doch klar, dass der im Sommer auch mal schon am Donnerstag in die Berge gehen möchte. Dann darf er das auch, und dafür hängt er das im Winter ran. Das ist so eine Verknüpfung, wo ich die persönlichen Werte gelebt werden. Dadurch entsteht eine Motivation und die Mitarbeitenden sagen: Mensch, da habe ich richtig Bock, für die Firma zu arbeiten.
Marco: Ich glaube, speziell wenn man ein mittelständischer oder kleinerer Betrieb ist, dann tut man sich unter Umständen schwer, seinen eigenen Purpose zu finden. Muss man dann so einen Purpose für sich selbst erfinden oder muss man einfach genauer auf die Suche gehen?
Karlheinz Illner: Man muss genauer auf die Suche gehen, weil etwas ja schon da ist. Da sind wir fast wie Archäologen: Wir gehen in den Markenkeller und schauen, wie die Firma entstanden ist. Was war der Antrieb? Gerade bei Familienunternehmen, die irgendwann mal von einer Person gegründet wurden: Diese Person hatte eine sehr starke Motivation. Da ging es meistens nicht nur um Geld, sondern weil sie etwas technisch vorantreiben wollte oder weil sie etwas besonders schön machen wollte oder weil sie gemerkt hat, das kann man anders machen. Damals war für die Person die Kraft darin, die ist dann nach zwei, drei Generationen etwas zugeschüttet wurde. Deswegen muss man da wie ein Archäologe gucken: Was war das eigentlich? Das löst immer wieder Aha-Effekte aus, wenn man da zurückgeht.
Doreen: Und an so einem Punkt kommen dann quasi auch Unternehmen – hauptsächlich wahrscheinlich Familienunternehmen – zu Ihnen, die dann sagen: „Wir haben hier so ein bisschen unseren Flow verloren. Die Mitarbeitenden sind unzufrieden, wir sind unzufrieden. Wir wissen nicht mehr so richtig, wo wir hinwollen.“ Ab da kommen Sie ins Spiel?
Karlheinz Illner: Genau. Und dann wird eben das Thema Werte spannend, sich da mal damit auseinanderzusetzen und das auf Inhaberebene wirklich mal zu reflektieren: „Was sind meine wichtigen Werte? Was gibt mir Kraft? Was treibt mich an?“ Und dann eben auch den Mitarbeitenden Impulse zu geben, ebenfalls zu reflektieren, weil nur dann funktioniert es.
Und was ein bisschen tragisch ist beim Begriff „Werte“, ist, dass wir oft – und das sieht man immer wieder in Talkshows – den Begriff „Werte“ mit den ethisch-moralisch guten Werten verbinden. Aber Werte können auch negativ sein. Gier oder Gewalt oder eine Entscheidung für Gewalt ist auch ein Wert. Was wir jetzt gerade in der Ukraine sehen, ist eine Entscheidung von Putin, Gewalt einzusetzen. Das ist eine Entscheidung für einen Wert. Und deswegen muss man Werte in der gesamten Bandbreite sehen. Wenn man da anfängt, sich damit auseinanderzusetzen, entsteht etwas bei einem. Und das ist wichtig, wenn man sich mit dem Thema Markenwerte oder Unternehmenswerte auseinandersetzt, den Mitarbeitenden Impulse zu geben. Wir haben es nicht gelernt, so über Werte nachzudenken. Man muss es eher aus der Perspektive des Bewertens sehen. Und das machen wir den ganzen Tag. Wir fangen in der Früh schon an: Esse ich ein Joghurt oder esse ich ein Croissant? Das ist eine Bewertung: „Was ist mir wichtig?“ Wenn man so anfängt, geht eine Tür auf zum Verständnis, was Werte bedeuten.
Kapitel 4: Die Arbeit von Karlheinz Illner am Beispiel erklärt
Doreen: Vielleicht machen wir es mal ein bisschen greifbar für die Zuhörerinnen und Zuhörer. Angenommen, ich bin jetzt die Inhaberin einer Naturkosmetikfirma und habe so 100 Mitarbeitende. Ich vertreibe meine Cremes und Öle, und eigentlich läuft das ganz gut, aber so richtig rund ist es irgendwie nicht. Ich hätte gerne, dass meine Firma in der Zukunft als starke Marke etabliert ist. Wie fangen wir jetzt gemeinsam an, wenn ich Sie jetzt kontaktiere?
Karlheinz Illner: Also in der Situation, wenn es inhabergeführt ist, ist für mich die erste Stufe, zu klären: „Was treibt die Person an? Was ist ihr wichtig?“ Da ist die Bandbreite natürlich groß. Macht die Person das nur, weil sie das Gefühl hat, sie muss es machen, weil es von der Oma oder vom Opa gegründet wurde? Wenn herauskommt, dass sie es eigentlich nur deshalb macht, haben wir eine ganz andere Konstellation, als wenn die Person es mit voller Überzeugung macht. Das finde ich ein sehr spannendes, aber auch sehr wichtiges Thema bei Familienunternehmen: wirklich mal abzuklopfen, mit welcher Motivation eine Person an der Spitze eines Unternehmens steht. Es ist ein Unterschied, ob ich einen Manager oder eine Managerin habe, der oder die das Unternehmen führt und von außen kommt, oder ob ich es quasi per Geburt bin. Das ist natürlich ein sehr persönliches Thema, weil es eine unheimliche Last sein kann. Es kann Flügel verleihen, aber auch eine sehr große Last sein. Das muss man ganz am Anfang klären, weil das unterschiedliche Weichen stellt.
Wenn man das geklärt hat, dann kommt der Schritt in die Markenarchäologie, in die Historie des Unternehmens: Was hat das Unternehmen geprägt in der Gründungsphase und in den Jahren danach? Was waren große Weggabelungen und warum hat man sich für welchen Weg entschieden? Da gibt es im Rückblick immer viel, wo man sagt: „Man hätte es auch anders machen können.“ Dann kommt immer die Frage nach dem Warum.
In der nächsten Stufe schaut man sich an, wie die Branche momentan aufgestellt ist und wie die Wettbewerber aufgestellt sind – dieses klassische betriebswirtschaftliche Vorgehen. Dann schaut man sich die Trends an, die Zielgruppe, und aus diesen verschiedenen Bausteinen sucht man die beste Positionierung und den Fit zu den Markenwerten, die man bei dieser Reise entdeckt hat. Dann baut man das zu einer Marke zusammen, von innen nach außen. Man schaut zuerst auf sich selbst und die Geschichte: „Warum mache ich das überhaupt?“ Das ist der Unterschied zu den großen Konzernen, die zuerst außen schauen: mögliche Zielgruppen, Wettbewerber, und dann entscheiden. Wie ich gesagt habe: statt von außen nach innen, von innen nach außen.
Marco: Jetzt interessieren wir uns im beruflichen Kontext für Marketing und Werbung, und wie man das effektiv gestalten kann. Wenn ich Ihre Aussagen richtig verstanden habe, begreife ich einen für eine Firma selbst festgelegten Wertekanon als Basis für alle weiteren Maßnahmen – seien es unternehmerische Entscheidungen oder der nächste Werbeflyer. Habe ich das richtig umrissen?
Karlheinz Illner: Genau. Was noch dazu kommt, wenn man in die Umsetzung kommt, ist ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor für eine starke Marke: zwischen den rationalen und emotionalen Markenwerten zu unterscheiden. Die rationalen Werte wären bei den Cremes und Ölen eine besondere Herstellungsmethode oder die besonderen Pflanzen, die man kauft. Das wären die rationalen Markenaspekte.
Ganz wichtig und entscheidend sind die emotionalen Markenwerte: Sind wir eher natürlich oder eher medizinisch? Sind wir locker oder förmlich? Wenn man das ausspricht, merkt man, dass es ein anderes Papier ist, wenn ich Natürlichkeit unterstreichen will, als wenn ich medizinisch-formell auftreten möchte. Dann geht es in die Umsetzung: Bin ich bunt oder monochrom? Das fließt ins kreative Briefing ein – in die Webseite, in den Flyer, das Briefpapier, die Visitenkarten.
Das kann ich jedem nur empfehlen, weil daraus ein wichtiger Aspekt entsteht. Wenn wir einen neuen Prospekt haben und den in der Firma machen, gehen wir abends nach Hause und legen ihn unserer Familie oder Partnerin auf den Tisch. Dann fragen wir normalerweise?
Doreen: Gefällt er dir?
Karlheinz Illner: Richtig. Und das ist die falsche Frage. Der Unterschied zwischen Werbung machen oder Marke machen ist: „Was löst es in dir aus? Welche Assoziationen hast du? Wie wirkt es auf dich?“ Wenn die Person sagt, es wirkt klinisch, und wenn wir das wollen, sagen wir: „Bingo, getroffen.“ Wenn wir natürlich auftreten wollen, müssen wir noch mal drübergehen, bis die Person sagt, es wirkt natürlich. Das ist professionelle Markenführung. So geht es auch in der Zigarettenbranche: Man hat ein knallhartes Markenkonzept, das bis ins kleinste Detail abgeprüft wird. Erst wenn die Zielgruppe sagt: „So wirkt es“, wird es umgesetzt. Markenführung ist zu 90% Handwerk. Viele denken, es ist nur Kreation und tolle Promotions. Das kommt auch vor, aber es ist wirklich Handwerk.
Wenn ein Unternehmen die Werte für sich selbst gefunden hat, ist es äußerst wichtig, dass das ganze Unternehmen von diesen Werten durchdrungen ist.
Marco: Bei Schulungen oder Briefings haben Sie meist die Führungsriege vor sich. Wie schaffen die Unternehmen es, dass alle Mitarbeitenden diese Werte wirklich leben?
Karlheinz Illner: Deswegen ist meine klare Empfehlung, möglichst viele oder im Idealfall alle mit einzubinden. Das Schöne ist: Bei einer Firma mit 50 oder 30 Mitarbeitenden kann man das machen. Je größer es wird, desto schwieriger wird es. Aber Social Media, Videobotschaften oder Podcasts helfen, die Marke ins Unternehmen zu tragen. Da sind wir beim Stichwort Storytelling oder Beispiele. Es ist entscheidend, die Menschen da abzuholen, wo sie sind, und nicht mit englischen Fachbegriffen über Branding und Rebranding zu sprechen, weil sie sonst aussteigen.
Ein Beispiel: Wenn jemand Fußballfan ist und sagt, was soll das Ganze, dann frage ich: „Was hältst du davon, wenn Dortmund in Rot spielt?“ Dann sagt er: „Spinnst du? Das geht nicht.“ Dann frage ich, warum das wichtig ist. Er erklärt mir, warum Marke wichtig ist: Dortmund ist Gelb, Schalke ist Königsblau, Bayern ist Rot. Das ist seine Erklärung, warum Marke wichtig ist. Ein anderes Beispiel: Wenn ich in einem Workshop mit der Führungsriege bin und gehört habe, dass einige kritisch sind und sagen, lieber Geld in den Vertrieb stecken, dann bitte ich den Geschäftsführer, am Anfang des Workshops zu sagen: „Ab nächstem Jahr gibt’s keine Audis mehr, sondern nur Skodas.“ Dann meldet sich sofort jemand: „Ein Skoda hat doch nicht die Qualität wie ein Audi oder BMW.“ Dann lasse ich es laufen, weil die Teilnehmenden erklären, warum Marke wichtig ist. Ich habe Charts dabei, die zeigen, dass die Autos baugleich sind, sich aber über ihr Markenkonzept unterscheiden. Wenn ich so Aha-Effekte auslöse, denken die Menschen darüber nach. Das passiert viel unbewusst und unwillkürlich. Aber ins Detail zu gehen wäre ein eigener Podcast.
Das meine ich: die Menschen abholen, dass sie es verstehen. Viele denken abstrakt über Marke, Purpose, Sinn und Werte nach. Unsere Aufgabe ist es, das zu erklären.
Kapitel 5: Praktische Tipps zum Führen einer Marke
Doreen: Hatten Sie schon mal den Fall, dass Sie in einer Firma waren und gesagt haben: „Wir haben uns die Werte angesehen und gemerkt, das passt nicht mehr, wir brauchen ein komplettes Rebranding“?
Karlheinz Illner: Es kommt vor, und es kommt halt meistens dann vor, wenn es eine Übernahme gibt, also wenn ein Unternehmen gekauft wurde und da einfach nicht mehr dazu passt. Es kommt vor, wenn eben eine neue Generation ins Unternehmen reinkommt, und es kommt vor, wenn man praktisch eine Neupositionierung durchführt und merkt: „Hey, das passt einfach kaum noch.“ Aber eben, ich würde sagen, der Begriff „kaum noch“, weil es ist eigentlich immer etwas da, das wertvoll ist zu erhalten und entsprechend weiterzuführen. Und ganz entscheidend ist auch, eine Marke sollte nie auf einen Trend setzen, weil ein Trend ist halt, wenn der Trend vorbei ist, dann ist man auch nicht mehr trendig. Und das ist die große Gefahr. Die Kunst ist es eher, z. B. jetzt einen Markenwert zu nehmen. Natürlich wird dieser heutzutage anders interpretiert als vor 20 Jahren oder vor 10 Jahren. Also die Interpretation muss ich anpassen, und da bleiben halt dann manche Unternehmen stehen. Z. B. Typografie, wo man merkt: „Hey, das sieht aus wie vor 30 Jahren.“ Die ist einfach irgendwie stehen geblieben.
Es gibt auch dieses berühmte Beispiel mit der Nivea-Dose. Wenn man die nebeneinanderstellt, sieht man, wie sie sich über die Jahre hinweg verändert hat. Der Konsument hat es eigentlich gar nicht gemerkt, aber wenn man es eben nebeneinanderstellt, dann sieht man diese Veränderung. Und das ist eben die Kunst, von der Markenführung zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Schräubchen zu drehen. Aber wie gesagt, ich würde eher von Schräubchen sprechen und nicht dieses brutale „Wir müssen jetzt alles neu machen“. Da ist natürlich die Gefahr. Als Marketingfrau oder -mann ist es sehr verführend, weil das ist natürlich, was Spaß macht. Das ist einfach so. Die meisten, die in dieser Branche arbeiten, haben ja auch Lust drauf, so etwas zu machen, wie eine neue Kampagne, eine neue Marke. Für mich war die größte Herausforderung, als ich damals bei Telefonica Markenmanager wurde und eine neue Mobilfunkmarke aufbauen durfte. Das war natürlich super, aber die war damals komplett neu, die gab es vorher nicht. Aber alles, was es schon gibt, da ist es eher die Kunst, die Schräubchen zu drehen, weil alles plattzumachen und neu aufzusetzen, ist vielleicht gut fürs Ego, aber eben nicht für die unternehmerische Marke. Und das ist die große Gefahr. Deswegen spricht man ja auch von der Markenbeschützer-Funktion, also im Englischen eben Brand Guardian Function. Die Marke muss beschützt werden vor den äußeren Kräften, die auf sie einwirken, und auch vor uns selbst, als diejenigen, die für die Markenführung verantwortlich sind. Aber auch wieder ein eigenes, spannendes Thema.
Marco: Wenn sich jetzt die Hörenden Gedanken machen über das Thema Marke und vielleicht die Brand ihres eigenen Unternehmens, haben Sie dann noch einen allerletzten, finalen, abschließenden Master-Tipp, den Sie geben könnten?
Karlheinz Illner: Ja, das werde ich immer wieder gefragt: „Karl Heinz, was ist das Wichtigste bei der Markenführung?“ Und da sage ich ganz klar, das sind drei Sachen: Das ist Mut, Konsequenz und Geduld. Mut eben zum eigenen Profil, den eigenen Weg zu gehen und nicht in die Gefahr zu laufen, andere zu adaptieren. Ja, wir machen es jetzt so wie BMW, oder wir machen es so wie Apple, was ja viele versuchen, zu kopieren. Sondern wirklich den Mut haben zum eigenen Profil und eben auch zur Polarisierung. Und das verlangt eben Mut, weil man es nicht allen recht machen kann. Es wird immer wieder welche im Unternehmen geben, die dann in der Kantine sagen: „Mensch, was habt ihr da gemacht?“ Und da gehört eben Mut dazu. Und deswegen muss man auch das erklären: Mut, den eigenen Weg zu gehen, dann das konsequent durchzusetzen, in allen Medien, von der Webseite über die Promotion bis hin zum Papier, zu jedem Detail, zum Firmenschild, dass da die Haptik und die Wirkung stimmt. Und dann der dritte Punkt: wirklich das konsequent mit Geduld durchziehen. Es dauert seine Zeit, und die fehlt uns leider oft, oder viele nehmen sich diese Zeit nicht. Dann schwenken sie nach einem halben Jahr wieder um oder nach einem Jahr. Es dauert halt, so eine Marke aufzubauen. Das dauert. Da brauche ich einfach wirklich die Konsequenz. Deswegen mein abschließender Tipp: Mut, Konsequenz, Geduld und dann viel Erfolg.
Doreen: Perfektes Schlusswort. Vielen Dank für dieses spannende Interview.
Karlheinz Illner: Sehr gerne, danke, hat Spaß gemacht.
Doreen: Super, danke schön. Tschüss.
Marco: Tschüss.
Kapitel 6: Zusammenfassung und Outro
Marco: Was ich jetzt bei dem Interview mit Karl Heinz wirklich gut fand, war die Erkenntnis, dass Marketing nicht einfach nur irgendein Blabla ist und irgendeine Kampagne, die einem dann ein paar mehr Kundinnen und Kunden beschert, sondern eigentlich auf Werten basiert, die man als Unternehmen ohnehin hat. Vielleicht weiß man davon gar nichts und muss sie erst noch finden, aber das lohnt sich auf jeden Fall, weil wenn man diese Werte einmal erkannt hat und sie auch an seine Mitarbeitenden weitergibt, dann ist das ganze Unternehmen davon durchdrungen, und eigentlich hat man dann viel mehr gewonnen als einfach nur irgendeine Werbeanzeige.
Doreen: Ganz genau. Am Ende braucht man einfach nur Mut, Konsequenz und Geduld, um das, was man sich erarbeitet hat, durchzuziehen. Und wenn ihr jetzt konsequent seid, dann abonniert ihr den Podcast oder folgt FLYERALARM auf den Social-Media-Kanälen, um keine Folge zu verpassen. Wir sagen jetzt erst einmal tschüss und bis zum nächsten Mal.
Marco: Bis dann.
Shownotes
Stell dir vor, dein Unternehmen ist ein Schiff, das sich souverän durch jedes Fahrwasser manövriert. Alles kein Problem, wenn die gesamte Crew weiß, wohin die Reise geht – und warum! Oder anders gesagt: Nur, wenn alle Kolleginnen und Kollegen verstehen, welche Werte und Ziele im Unternehmen gelten, kann sich deine Firma langfristig als Marke etablieren. Doch wie erarbeitet man sich klare Werte und Ziele fürs eigene Unternehmen? Und welche Schritte musst du mit deinem Team bei der Markenentwicklung durchlaufen? Unser Gast, Karlheinz Illner, kennt die Antworten. Der erfahrene Werte- und Markenexperte berät kleine und mittelständische Familienbetriebe bereits seit 2011 bei Fragen zur Unternehmensführung, Konfliktbewältigung sowie zum Aufbau und der Entwicklung ihrer Firma als Marke. Im Interview erfährst du von ihm:
- was der Purpose einer Firma überhaupt ist,
- warum das Erarbeiten deiner Unternehmenswerte manchmal wehtun kann,
- wie du die gesamte Crew bei der Markenentwicklung ins Boot holst,
- weshalb du deine Marke von innen nach außen aufbauen solltest,
- wie du mit Mut, Konsequenz und Geduld deine Ziele erreichen kannst.
Für alle, die mehr zum Thema wissen möchten, hat Karlheinz Illner auch ein Buch geschrieben: „Purpose, Sinn und Werte: Das ‚Warum?‘ als Leuchtturm in der digitalen Transformation“ ist über seine Webseite FamiliyBrands.de, im Buchhandel sowie über den Haufe Verlag oder Amazon erhältlich.
Zur Webseite FamilyBands.de: https://www.familybrands.de/
Karlheinz Illner bei LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/karlheinz-illner/
Karlheinz Illner bei YouTube: https://www.youtube.com/@karlheinzillner8796
Hinterlass uns gerne einen Kommentar zum Post dieser Folge bei Social Media: https://www.instagram.com/flyeralarm.official
Unternehmenswerte suchen und finden
Werte sind das Fundament jeder starken Marke. Laut dem Werte- und Markenexperten Karlheinz Illner ist ihre Glaubwürdigkeit entscheidend. Sie wirken motivierend auf Mitarbeitende und schaffen Vertrauen bei Kundinnen und Kunden. Doch wie findet und definiert man diese Werte eigentlich? Oft steckt der Kern der Unternehmenswerte in der Geschichte der Firma. Gerade bei Familienunternehmen gibt es häufig eine klare Vision der Gründerpersönlichkeit. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:
- Welche Antriebe hatten die Gründer und Gründerinnen?
- Welche Entscheidungen prägten die bisherige Entwicklung?
- Was wird bereits aktiv gelebt? Was sollte gelebt werden?
- Was wird bereits kommuniziert und wie viel Wahrheit steckt aktuell dahinter?
Sie ahnen es bereits: Der Weg zur eigenen Firmenidentität kann mitunter schmerzhaft sein. Aber erst, wenn Sie sich diese Fragen vollkommen ehrlich beantwortet haben, können Sie den Blick nach außen richten:
- Wie positionieren sich Wettbewerber?
- Welche Trends gibt es in der Branche?
Aus der Historie und den Zielgruppenbedürfnissen entsteht ein Marken- und Wertekanon, der Ihr Unternehmen von innen heraus stärkt.
Unternehmenswerte nach innen und außen leben
Nun wissen Sie, wie Sie die echten Werte Ihrer Firma wie ein Archäologe ausgraben und freilegen. Nun müssen ebendiese Unternehmenswerte „nur noch“ sowohl nach außen kommuniziert als auch nach innen gelebt werden. Doch genau hier liegt die Herausforderung vieler Unternehmen. Es erfordert Engagement, Vorbilder und konkrete Maßnahmen, die im Alltag spürbar werden. Beispiele gefällig?
Purpose: Von den eigenen Werten zur Marke
Der so genannte Purpose steht für den Sinn des unternehmerischen Handelns. Karlheinz Illner unterscheidet dabei zwischen dem persönlichen Sinn und dem unternehmerischen Sinn. Erst wenn beide miteinander harmonieren, entsteht eine authentische Markenidentität. Ein starkes Beispiel hierfür liefert der Sport: Wenn ein Team ein gemeinsames Ziel verfolgt, wächst die Motivation. Übertragen auf Unternehmen bedeutet das: Eine klare Vision gibt allen Mitarbeitenden Orientierung und schafft Energie für den gemeinsamen Erfolg.
Und wie wirken der Purpose und Ihre Unternehmenswerte nun auf Ihre Markenidentität ein? Nun, laut des Experte betrachten Sie hierfür zunächst zwei Aspekte:
- rationale Werte: Diese betreffen konkrete Produktmerkmale, z. B. die Herstellungsmethoden oder Rohstoffe.
- emotionale Werte: Diese prägen die Wahrnehmung der Marke, z. B. „natürlich und authentisch“ oder „innovativ und technisch“.
Mit Ihrem Purpose vor Augen muss sich die Umsetzung dieser Werte in allen Kommunikationsmitteln widerspiegeln – von der Website über Visitenkarten bis hin zu Werbeflyern. Entscheidend ist dabei immer die Frage: „Welche Emotionen löst das bei der Zielgruppe aus?“.
Tipps für Ihren Markenaufbau
- Von innen nach außen denken: Analysieren Sie zuerst den eigenen Antrieb und die Historie Ihres Unternehmens, dann die Zielgruppe und Wettbewerber.
- Emotionale Differenzierung: Überlegen Sie, wie sich Ihre Marke im wahrsten Sinne des Wortes anfühlen soll und definieren Sie greifbare Begriffe (locker, seriös, natürlich?).
- Markenbewusstsein schaffen: Binden Sie Mitarbeitende in den Prozess des Markenaufbaus und in Ihre Entscheidungen ein und blieben Sie transparent.
Fazit: Werte sind nicht nur ein schönes Beiwerk, sondern essenziell für langfristigen Erfolg. Sie fördern die Glaubwürdigkeit, schaffen Orientierung und sorgen für eine starke Bindung – sowohl bei Mitarbeitenden als auch bei Kundinnen und Kunden. Unternehmen, die ihre Werte entdecken und konsequent umsetzen und den Sinn des unternehmerischen Handelns (Purpose) vor Augen haben, schaffen eine ideale Basis zum Aufbau einer starken Marke. Langfristig werden sie zudem nicht nur wirtschaftlich, sondern auch menschlich erfolgreich sein.